Wie spannend Haydns Streichquartette sind, zeigt das Leipziger Streichquartett in seiner Gesamteinspielung, die inzwischen Folge 15 erreicht hat. Man muss die Quartette nur richtig spielen, nicht als „Vorläufer“ oder „frühe“ Klassik, sondern als das, was sie sind! Ein Produkt des Sturm-und-Drang-Zeitgeists zum Beispiel, wenn man das vor 1769 entstandene Quartett op. 9 Nr. 4 mit seinen scharfen Kontraste und jähen Brüchen betrachtet – dazu gesellen sich lustvoll gespielte konzertierende Ausflüge der 1. Violine. Auch in den konventionelleren Quartetten op. 9 Nr. 5 und 6 schenkt das Leipziger Streichquartett wie gewohnt jedem Detail liebevolle Aufmerksamkeit. So nehmen sie das „poco adagio“ des ersten Satzes in Nr. 5 nicht nur als Tempoanweisung, sondern spielen es auch „nach Belieben“, für das folgende Allegretto finden sie ein erstaunlich zügiges, aber völlig plausibles Tempo. Vom ersten Ton bis zum dahinjagenden Presto des op. 9Nr. 6 ziehen die Leipziger und die exzellente Aufnahmetechnik den Hörer mitten hinein in diese ferne Welt. Besser kann man Haydn nicht präsentieren. Klemens Hippel
Joseph Haydn: Streichquartette Vol. 15
Streichquartette op. 9 Nr. 4-6
Leipziger Streichquartett
Musikproduktion Dabringhaus und Grimm
MDG 307 2260-2 (Hybrid-SACD)