Weit in die eigene Vergangenheit geht die „Preziosa“-Reihe von MDG mit der Einspielung von Dauprats Hornsextett, die im Erscheinungsjahr eine Weltpremiere war. Zwar mögen 40 Minuten pure Hornmusik nicht jedermanns Sache sein, doch die sehr homogene, fein aufeinander eingeschwungene Detmolder Interpretation lässt rein klanglich erst einmal nur reines Behagen zurück; kaum verwunderlich bei der gegebenen Konstellation, dass hier ein Lehrer (Michael Höltzel) mit fünf seiner besten Schüler musiziert – stilistisch auf einer Linie, ausgeglichen im Ton und im Geiste generationenübergreifender Kollegialität.
Auch das Objekt lohnt die Mühe. Dauprat war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Akteur wie Lehrer der führende Hornist Frankreichs. Dass seine Gruppenstücke einen didaktischen Hintergrund haben, tut ihrer Vergnüglichkeit keinerlei Abbruch. So bringt auch das Sextett als Serenade mit zwei langsamen Sätzen und zwei Menuetten alles, was sich die Ära der Wiener Klassik bis dahin im Naturhornsatz erarbeitet hatte, in ebenso sinnvolle wie behaglich genießbare Kontraste – im Kopfsatz beispielsweise Fanfaren- gegen Gesangsthematik. Wenn dann die repräsentativ herausgestellten Menuette in ihren Hauptteilen marschartige Straffheit gewinnen, zeigt sich aber womöglich, wie dann auch im Finale, schon ein neuer, kulinarisch-theatralischer Geist: der Rossinis und seiner Mitstreiter, die ab circa 1815 Paris eroberten. Das gäbe womöglich einen Anhaltspunkt auf die Datierung, über die sich der alte Booklet-Text leider ausschweigt. Sie dürfte in den Jahren bis 1825 liegen. Hierzu wäre bei einem Künstler, der zwischen Mozart und dem „Meistersinger“-Uraufführungsjahr 1868 lebte, trotz aller Urtext-Treue ein kleiner Nachtrag nicht falsch gewesen. Ansonsten: einfach zurücklehnen und sich in die Klänge versenken. Gerald Felber
Louis François Dauprat: Grand Sextuor
Die Detmolder Hornisten
Musikproduktion Dabringhaus und Grimm
MDG 102 2310-2