Paris zu Gast im Saarland

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Die Musikfestspiele Saar feiern vom 3. Juni bis zum 15. Juli den Esprit Paris

Ein Gespräch mit dem Intendanten Bernhard Leonardy

Herr Leonardy, warum sollte man die Musikfestspiele Saar nicht verpassen?

Wir haben eine deutsch-französische Kompetenz, die gewachsen ist in den vielen Jahren des Musikfestivals – das wurde ja schon 1989 gegründet. Das verbindet überhaupt die musikalischen Akteure hier im Land, wir haben ja zwei Orchester, das Saarländische Staatstheater, die Musikhochschule, die Völklinger Hütte und ein Festival Orgel ohne Grenzen. Ich glaube, es ist ein gewisses Alleinstellungsmerkmal, dass die Menschen und die Kultur hier nicht ganz so deutsch ticken, sondern ein besonderes Flair und eine besondere Leichtigkeit, eine besondere Herzlichkeit und Bodenständigkeit haben. All das ist, glaube ich, sehr charmant im Reigen der bundesdeutschen Festivals.

Foto: Dirk Guldner

Wer ist Ihr Publikum? Sind es vor allem die Saarländer oder Touristen von weither?

Wir freuen uns natürlich über Besucher von überall her. Wir haben in diesem Jahr auch in Frankreich eine größere Werbeaktion geschaltet. Wir haben generell immer Veranstaltungen in Frankreich. Und so ist auch die Idee entstanden, unser Abschlusskonzert zum 60. Jubiläum des Elysée-Vertrags in der Kathedrale von Verdun zu machen. Im Moment haben regionale Festivals eine besondere Zugwirkung, die Leute wollen nicht unbedingt weit weg fliegen, um Kultur zu erleben. Insofern haben wir ein Einzugsgebiet, das von der Schweiz bis zur Wallonie reicht. Das Tolle ist, dass wir im Saarland von der Weltstadt Paris nur anderthalb Stunden mit dem Zug entfernt sind. Das war auch der Anlass, das Thema „Esprit Paris“ zu wählen. Zum einen wegen der Nachhaltigkeit der Wege, zum anderen wollen wir von der Dynamik einer solchen Weltstadt profitieren. Wir heißen über 600 Musikerinnen und Musiker in diesem Festivalsommer auf unseren Bühnen willkommen. Eine so große Anzahl von Gästen der Seine-Metropole gab es in der Region vermutlich noch nie – zumindest wenn nicht Fußball im Spiel war.

Es stehen ja 25 große Konzerte auf dem Programm…

… und darüber hinaus viele kleine Konzerte etwa bei der Fete de la musique und am Familientag. Wir wollen möglichst viele Menschen zu unseren Konzerten einladen, auch Menschen, die Kultur normalerweise nicht so wahrnehmen. Wir bieten einige Programmpunkte bei freiem Eintritt an, und ansonsten wird man sich wundern über unsere niedrigen Eintrittspreise. Wir haben hier in der Region die Aufgabe, auch der Kultur Fernstehende zu begeistern.

Das Festival läuft über sechs Wochen hinweg. Haben Sie eine Empfehlung für Besucher von weiter weg, wie sie sich ihr Programm zusammenstellen können? Die wenigsten werden sechs Wochen bleiben können.

Dabei wäre es spannend, seinen Urlaub mal ins Saarland zu verlegen. Viele Leute wissen es gar nicht, dass wir eine wunderbare Landschaft haben, die hügelig und romantisch ist wie die Toscana. Das Saarland ist auch landschaftlich schon etwas ganz Besonderes. Wir haben versucht, an den Wochenenden, manchmal bis in den Montag hinein, besondere Schwerpunkte zu setzen. Es gibt zum Beispiel ein „junges Wochenende“, wo junge Leute musizieren, etwa der neue Mädchenchor der Regensburger Domspatzen oder der Nachwuchs der Pariser Oper. Wir haben zum Beispiel einen Orgelblock, wo drei herausragende Organisten direkt hintereinander konzertieren. Und am Wochenende 16.-18. Juni gibt es hier im Saarland die Saar-Art, da sind alle Museen offen und bieten ein besonderes Programm an. Da kann man bei uns auf der Seebühne im Deutsch-Französischen Garten ganz unterschiedliche Programme erleben, Chansons, aber auch Beethovens Eroica. Wir haben versucht, Blöcke zu schmieden, die eine besondere Ausstrahlung haben für ein bestimmtes Publikum. Dass die Leute sagen, dieses Programm, gespiegelt auch mit den besonderen kulinarischen Angeboten, die es hier gibt, ist eine Reise wert.

Wie sind Ihre Erfahrungen: Sollte man früh buchen, oder kann sich auch kurzfristig noch für eine Reise zum Festival entscheiden?

Das Eröffnungskonzert mit dem Chor von Notre-Dame war sofort ausverkauft, für andere Konzerte bekommt man noch Karten. Aber wir haben bislang noch niemanden heimgeschickt – wir versuchen immer, gemeinsam mit der Feuerwehr und dem Sicherheitsdienst noch ein paar Stühle aufzustellen. Generell merken wir nach Corona und angesichts der Kriegsszenarien, dass die Besucher sich im Moment sehr viel kurzfristiger entscheiden. Insofern hat man noch gute Chancen, Karten zu bekommen.

Eine letzte Frage: Gibt es ein Highlight, auf dass Sie persönlich sich besonders freuen?

Ich finde es toll, dass es durch das Engagement der Musikfestspiele Saar gelungen ist, Gerhard Richter dazu zu bringen, im ältesten Kloster Deutschlands sein letztes Werk zu vollenden, und der wunderbare Komponist und Organist Naji Hakim, der Nachfolger von Olivier Messiaens an der Trinité-Kirche in Paris, wird zu diesen Fenstern eine Komposition uraufführen. Ich komme ja selbst von der Orgel, und deshalb ist das für mich im Kontext des Erreichten ein besonderes Highlight.

Das Gespräch führte Arnt Cobbers.

https://musikfestspielesaar.de/