Lebenspraller Jahreslauf

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Ein Schwesterwerk zu Carl Orffs Carmina Burana – so lautete 2009 der Kompositionsauftrag, den Enjott Schneider von Hayko Siemens anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Münchner MotettenChor erhielt. Zum Glück ist Schneiders Leben, Magie, Tod dann doch etwas anderes geworden. Zwar liegt die gleiche Besetzung vor, einige stilistische Bezüge gibt es auch, und das Libretto stammt zu einigen Teilen aus bislang unvertonten Texten der mittelalterlichen Sammlung Carmina burana. Aber die Orchesterbehandlung ist weniger spröde und holzschnittartig als bei Orff, stattdessen gleißender, schillernder, glitzernder. Enjott Schneider schreibt zeitgenössische Musik, die sich weitgehend im Rahmen der Tonalität bewegt, mit archaischer Parfümierung, die auf Mittelalterbezüge hinweist. Formal gefasst ist das Ganze als „szenischer Bilderbogen zum Jahreskreis“, was sich als klug konzipierte Klammer erweist.

In diesem Rahmen tobt das pralle Leben: Mit Tierstimmennachahmungen, Übergängen zwischen Gesang und Sprechen, rhythmischer Verve, hin und wieder dichten Clustern, zarten Verästelungen, einer wilden Walpurgisnacht, aufblühenden Emotionen, spätromantischen Ausflügen, temperamentvollen Erntetänzen, Trinkliedern und überzeugend kontemplativen Momenten. Das ist insgesamt alles atmosphärisch, suggestiv und auch bühnenwirksam, wäre in seiner Dramatik auch als inszeniertes Musiktheater denkbar. Die Einspielung mit den Widmungsträgern und den Gästen aus Mähren ist in allen Belangen gelungen, eine reife Gesamtleistung, die verblüffend locker und leicht wirkt. Überzeugend! Ecki Ramón Weber

Chaya Czernowin: Shifting Gravity

Ensemble Diotima, Ensemble Nikel, Ensemble Courage

Wergo

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