Dem Komponisten besonders nahe

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Die Richard-Strauss-Tage Garmisch-Partenkirchen locken vom 12. bis 18. Juni mit vielfältigem Programm

Ein Gespräch mit dem künstlerischen Leiter Dominik Šedivý

Herr Šedivý, warum sollten man die Richard-Strauss-Tage nicht verpassen?

In Garmisch-Partenkirchen kann man Richard Strauss auf eine Weise begegnen, wie es an einem Opernhaus oder in einer normalen Konzertsituation nicht möglich ist. Strauss hat hier 40 Jahre gelebt, man kann ihn hier unmittelbarer, gewissermaßen allgemeiner als Menschen erleben. Wir haben sein Wohnhaus hier, wir sehen die Berge, die Natur, die Landschaft rundherum, die Strauss ja zu den meisten seiner Werke inspiriert hat. Immer wieder höre ich, wenn Musiker zu Besuch kommen, in Gesprächen: Ich blicke auf die Berge hier, und in meinem Kopf erklingt die Alpensinfonie. Oder: Ich schaue auf die Alpspitze, und es erklingt in meinem inneren Ohr das Thema des ersten Hornkonzerts – obwohl er das geschrieben hat, lange bevor er nach Garmisch gezogen ist.

Foto: Wolfgang Ehn

Was sind Ihre Schwerpunkte?

Wir haben zwei Schwerpunkte. Das sind zum einen konventionelle Konzertveranstaltungen auf dem höchstmöglichen künstlerischen Niveau. Wobei unser Anliegen immer eine besondere Programmgestaltung ist. Wir hatten im letzten Jahr, zu seinem 200. Geburtstag, einen Fokus auf Richards Vater Franz Strauss und auf Franz Lachner. Heuer haben wir im Sinfoniekonzert ein Werk von Robert Volkmann. Wir bieten deutsche Spätromantik in besonderen Kombinationen. Im Kammerkonzert etwa werden wir Werke von Richard Strauss im Kontext von Wiener Zeitgenossen, nämlich Franz Schreker, Gustav Mahler und Erich Wolfgang Korngold, hören. Der zweite Schwerpunkt, den wir bei den Richard-Strauss-Tagen setzen, ist die Vermittlung, und zwar auf vielfältige Art und Weise. Im Rahmen des Festivals kann man zum Beispiel Strauss in der Natur begegnen auf unseren Musikwanderungen. Und wir fördern kreative Auseinandersetzungen mit Richard Strauss und seinem Werk. Wir haben ein Musikkabarett, das eigene Stücke präsentiert, die sich mit Richard Strauss und seinem Werk auseinandersetzen. Wir fördern Projekte mit Schülerinnen und Schülern der hiesigen Grund- und Mittelschule. Letztes Jahr haben sie zur Alpensinfonie getanzt, heuer erarbeiten sie gemeinsam mit Schauspielern und Dramaturgen ein Theaterstück zu Ariadne auf Naxos. Das sind Projekte, die oft über ein ganzes Schuljahr laufen.

Es gibt ja auch einen Meisterkurs mit Petra Lang. Was hat das Publikum davon?

Meisterkurse haben bei uns eine lange Tradition. Brigitte Fassbaender war ja die künstlerische Leiterin der Richard-Strauss-Tage von 2008 bis 2017, und sie hat diese Meisterkurstradition international groß gemacht. Unser Ziel ist es, nachhaltige Impulse zu geben, dass die teilnehmenden Sängerinnen und Sänger wiederholt kommen können und dass wir ihnen, wenn sie sich als besonders herausragend entpuppen, weitere Auftrittsmöglichkeiten vermitteln. Eine Besonderheit bei uns ist, dass die Teilnehmenden sehr kompetitiv ausgewählt werden, dass sie aber auch keine Gebühr zahlen und wir die Unterkunft übernehmen. Sie singen alle im Wagner-Strauss-Fach, Schwerpunkt ist der deutschsprachige spätromantische Operngesang. Es gibt vier Meisterkurstermine im Richard-Strauss-Institut, die alle sind öffentlich, es gibt eine öffentliche Generalprobe und dann ein Abschlusskonzert im Konzertsaal.

Die Festival-Atmosphäre ist weniger vom Jet Set als eher familiär geprägt, oder?

Was wir in den letzten Jahren mehr und mehr beobachten, ist die Vielfältigkeit des Publikums. Wir haben Besucher, die von weit weg anreisen, auch Familien, und wir haben Publikum aus dem Ort und der Umgebung. Wir haben eingefleischte Straussianer, aber auch Touristen, die wegen der Natur hier sind und gern mal ins Konzert kommen. Was uns besonders freut, ist, dass zunehmend auch Profis kommen. Es ist schön, wenn wir hier ein Forum für einen Austausch schaffen können zwischen Leuten, die sich professionell mit Strauss beschäftigen.

Sollte man früh buchen, oder bekommt man auch kurzfristig noch Karten?

Ich würde weniger empfehlen, sich auf die Abendkasse zu verlassen. Gerade unsere Highlight-Konzerte sind sehr gefragt. Aber auch wir erleben nach Corona ein verändertes Kaufverhalten. Wenige Tage vor den Konzerten hat man vermutlich noch gute Chancen auf Karten.

Gibt es etwas, worauf Sie sich persönlich besonders freuen?

Ich freue mich besonders über die Vielfalt, die wir anbieten, und dass die auch zunehmend angenommen wird vom Publikum. Es ist ganz klar, dass nicht jeder bei jeder Veranstaltung etwas findet, mit dem er oder sie etwas anfangen kann. Aber unser Ziel ist, dass insgesamt jeder etwas Passendes findet. Persönlich freue mich sehr auf das Podiumsgespräch mit Christoph Schlüren und Rémy Ballot, der sich ja als Bruckner-Dirigent etabliert hat, aber sich auch als Dirigent der Wiener Klassik mit seinem Orchester, dem Klangkollektiv Wien, zunehmend einen Namen macht. Weiters freut mich, dass wir das Konzept des Meisterkurses heuer noch einen Schritt weiter führen. Die Solistin bei den Vier letzten Liedern ist eine der herausragenden Teilnehmerinnen der letzten Jahre, Sarah Marie Kramer. Sie hat große Karriereschritte getan im letzten Jahr, sie war beim Dresdner Ring mit Thielemann dabei, sie singt nächstes Jahr die Isolde in Glyndebourne. 2017 war sie Finalistin in unserem Richard-Strauss-Wettbewerb, und ich freue mich, dass wir sie hier von Anfang an in ihre große Karriere begleiten konnten.

Das Gespräch führte Arnt Cobbers

www.richard-strauss-tage.de